Mit dem Fahrplanwechsel 2018 wird die Ära des SchnellBus-Tarifs im Blankeneser Treppenviertel enden. Die beiden SchnellBus-Linien 48 und 49 wird es dann nicht mehr geben. Sie werden zu StadtBus-Linien, die zuschlagsfrei im regulären HVV-Tarif genutzt werden können. Für Anwohner*innen und Besucher des Stadtteils ist das ein Grund zur Freude – und für uns ist es ein Grund, auf die Geschichte der Linien in Blankenese zurückzublicken…
Tschüss SchnellBus 48 und 49!
Das ehemalige Fischerdorf Blankenese ist ein Stadtteil im Westen Hamburgs. Direkt an der Elbe gelegen, wurde Blankenese 1301 erstmals urkundlich erwähnt. Heute gehört Blankenese zum Bezirk Altona und ist in ganz Deutschland für sein Treppenviertel bekannt. So nennt man die engen und steilen Straßen und Gassen, die meist fast vollständig aus Treppen bestehen. Malerisch ist hier auch der Elbstrand und beachtlich sind die Höhenunterschiede, die bis zur höchsten Stelle immerhin rund 90 Meter betragen. In Blankenese findet sich deshalb auch Hamburgs steilste Straße, der Waseberg.
Seit 1959 ist das Treppenviertel durch den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erschlossen. Hier fahren besondere kleinformatige Linienbusse, die schmal und kurz genug für die engen Straßen und Kurven sind. Auch die 16% Steigung des Wasebergs, die für Hamburg sehr untypisch ist, schaffen die Busse problemlos. Seit 2014 fahren die Midibusse, die umgangssprachlich auch „Bergziegen“ genannt werden, sogar elektrisch durch Blankenese. Die SchnellBus-Linie 48 war damit die erste Linie in ganz Hamburg, auf der ein Elektrobus im normalen Linieneinsatz unterwegs war.
Mit dem Fahrplanwechsel 2018 endet die Ära des SchnellBus-Tarifs im Treppenviertel. Aus den Linien 48 und 49 werden HVV-StadtBus-Linien. Die Fahrgäste wird es freuen, denn damit sind diese Linien ab Mitte Dezember 2018 nicht mehr zuschlagspflichtig. Nach gut 59 Jahren endet damit hier der Sondertarif. Doch das ist nicht das erste mal, dass sich bei den Blankeneser Buslinien einiges ändert…
Alles begann 1958
Dass die Blankeneser Fahrgäste mit Kleinbussen durch das Treppenviertel fahren können, haben sie eigentlich einem anderen Bus-Projekt in der Hamburger Innenstadt zu verdanken. Bereits Mitte der 1950er Jahre sah man hier Probleme im Verkehr. Immer mehr Menschen waren mit dem Auto unterwegs, das führte zu Staus. Um die Verkehrslage in der Stadt zu entspannen, richtete die Hamburger Hochbahn AG im Sommer 1958 einen Citybus-Verkehr ein. Das waren zwei Kleinbuslinien, die werktags zusätzlich zu U- und Straßenbahn durch die Stadtteile Alt- und Neustadt fuhren. Sie verbanden die großen Parkplätze am Wallring und einige Parkhäuser mit der Innenstadt. Es war eine frühe Form von Park+Ride: Autofahrer*innen sollten ihr Fahrzeug außerhalb der Innenstadt parken und mit dem Citybus die letzten paar Meter zur Arbeit fahren.
Werbefilm über den neuen Hamburger Innenstadtbus, undatiert – via YouTube, HOCHBAHN
Für das Projekt beschaffte die Hochbahn 25 Fahrzeuge, die auf den neu eingerichteten Linien C1 und C2 fuhren. Das Projekt erfüllte die Erwartungen jedoch nicht. Auch konzeptionelle Änderungen an der Linienstruktur brachten keinen Erfolg. Zwei Linien entfielen bereits Ende Juni wieder, zum 30. Dezember 1959 wurde das Projekt mit der letzten Linie dann mangels Nachfrage vollständig beendet.
Neue Einsatzfelder für kleine Busse?
Nach der Einstellung des Citybus-Projekts bot sich eine neue Gelegenheit: Man konnte mit den nun überzähligen und noch relativ neuen Kleinbussen Gebiete erschließen, die bislang noch nicht vom ÖPNV bedient worden waren. Davon profitierten Gegenden, in denen es bisher eher wenige Fahrgäste gab, so dass sich der Einsatz großer Busse nicht gelohnt hätte. Es ergaben sich aber auch Chancen für Gegenden, in denen aufgrund der örtlichen Gegebenheiten der Einsatz von großen Fahrzeugen nicht möglich war.
Ein Teil der Kleinbusse wurde deshalb ab Dezember 1959 im Raum Volksdorf – Poppenbüttel – Wellingsbüttel eingesetzt. Man richtete mehrere Kleinbuslinien ein, welche dort die ÖPNV-Erschließung übernahmen. Diese Verkehre wurden im Lauf der Jahre in neue, mit normal großen Stadtbussen bediente Verkehre integriert. Als letzte von diesen stellte die Volksdorfer Linie 47 den Betrieb am 31. Mai 1975 ein.
Der andere Teil der ehemaligen Citybusse war für den Hamburger Westen vorgesehen. Hier richtete die Hochbahn die drei neuen Linien B6, B7 und B8 ein. Die B6, die heutige Linie 48, war vorab bereits am 1. März 1959 parallel zum Betrieb in der Innenstadt gestartet. In Blankenese war der Ausflugsverkehr am Wochenende am stärksten – und die Citybusse fuhren in der Stadt ja nur werktags und waren am Wochenende daher frei.
Es galt hier zunächst derselbe Sondertarif, wie in der Innenstadt. Passendes Fahrgeld oder eine sogenannte Fahrmünze musste man in die durchsichtige Zahlbox beim Fahrer einwerfen. Fahrscheine gab es damals keine. Damit war aber auch das Umsteigen nicht möglich, auch nicht zur seit 1955 bestehenden Schnellbuslinie 36. Das änderte sich erst ab April 1963 mit der Aufnahme der Kleinbus-Linien in das SchnellBus-System. Hatte man bereits eine Fahrkarte zum Normaltarif, musste man ab dann nur noch einen Zuschlag zahlen und nicht mehr eine komplett neue Fahrt.
In den folgenden Jahren wurde das Linienangebot mehrmals immer wieder dem Bedarf der Fahrgäste angepasst. Während sich der Linienweg der B6 bewährte, stellte die Linie B7 zum 1. April 1964 den Betrieb ein. Die Line B8 änderte mehrmals die Streckenführung. Sie übernahm teilweise Aufgaben der Linie B7. Ihr Südteil wurde später die Linie 49 zum Mühlenberg / Elbuferweg. Der Nordteil der Linie nach Sülldorf ist heute Teil der MetroBus-Linie 1.
Der HVV kommt: B6 = 48, B8 = 49
Mit Gründung des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) wurden die Busverkehre in Hamburg neu strukturiert und durchnummeriert. Dabei wurde aus der B6 im Jahr 1968 die SchnellBus-Linie 48. Die B8 fuhr unter der neuen Liniennummer 49.
Mit der Beschaffung neuer Kleinbusse im Jahr 1973 wurde auf den Buslinien 48 und 49 die damals gültige Produktfarbe „SchnellBus-Rosa“ eingeführt. Statt mit Kunstleder waren die Sitze mit Stoff bezogen. Echter SchnellBus-Komfort also.
Zum 23. Mai 1982 stellte Linie 49 ihren Betrieb ein. Die Linie 48 übernahm aber dafür einzelne Fahrten zum Elbuferweg.
Die kleinen rosa Busse waren damals auf dem Hochbahn-Betriebshof „Schützenhof“ in Altona stationiert. Nach dessen Schließung 1988 kamen sie dann nach Langenfelde. Das änderte sich 1990, denn die Linie 48 wurde ab dann von der Pinneberger Verkehrsgesellschaft mbH (PVG) vom Betriebshof Schenefeld aus befahren. Auch die PVG erneuerte den Fahrzeugpark dieser speziellen Linie. Die rosa Kleinbusse wurden bis auf ein Exemplar ausgemustert. Das letzte Fahrzeug hat bis heute überlebt und ist inzwischen Traditionsfahrzeug der VHH. Die historische Bergziege kam in den letzten Jahren beispielsweise zur Langen Nacht der Museen in Hamburg zum Einsatz.
Im Treppenviertel keine Treppen mehr steigen
1993 wurden mit drei neuen Bergziegen erstmals Niederflurbusse in Betrieb genommen. Eigentlich war aber nur die hintere Plattform barrierefrei per Rampe erreichbar. Die seit 2008 beschafften Bergziegen sind hingegen durchgängig niederflurige Linienbusse im Kleinformat. Damit war das Treppensteigen beim Einsteigen im Treppenviertel endgültig vorbei. Die neuen Wagen wurden silber lackiert. Äußerlich sahen sie nun wie die großen Linienbusse aus, allerdings vier Meter kürzer und rechts ohne Außenspiegel. Grund für den fehlenden Außenspiegel ist die Enge der Straßen in Blankenese. Um die Fahrzeuge noch schmaler zu bekommen, ersetzt Kamera- und Monitortechnik auf der rechten Fahrzeugseite den klassischen Spiegel.
Mit dem Fahrplanwechsel 1999/2000 wurden die Fahrten zum Elbuferweg wieder unter der eigenen Liniennummer 49 geführt. Zehn Jahre später, im März 2009, feierte die PVG dann das Jubiläum „50 Jahre Blankeneser Bergziegen“.
Wer den Waseberg nicht schafft, ist raus
Blankeneser Bergziegen sind keine Standardbusse. Immer wenn eine neue Generation Fahrzeuge zur Beschaffung anstand, musste erst eine Marktsondierung stattfinden, gefolgt von vielen Versuchsfahrten. Für die anspruchsvolle Lage mit den engen Straßen und steilen Bergen hatten die Bushersteller nicht immer die nötige Lösung in ihrem Sortiment. So testete man auf der Linie 48 immer wieder auch unkonventionelle Busmodelle, wenn ein Ersatz der in die Jahre gekommenen Busse anstand.
Der Verschleiß auf der Strecke mit ihren extremen Steigungen ist enorm und Motoren und Getriebe werden auf der Linie 48 stark beansprucht. Unter den zahlreichen Bussen die getestet wurden, waren zuletzt auch immer wieder Elektrobusse, denn die Linie 48 bietet sich durch steile Straßen für den elektrischen Betrieb an. Immer wieder wurden verschiedene Hersteller und neue Bustypen für Blankenese getestet. Am Waseberg mit seinen 16% Steigung zeigte dann so mancher Test-Bus seine Schwächen. Gute Erfahrungen machte man aber mit dem italienischen Hersteller Rampini. Die Versuche verliefen positiv, so dass 2014 ein erstes Elektrofahrzeug beschafft wurde. Zuständig war nun nicht mehr die PVG, sondern die Verkehrsbetriebe Hamburg Holstein GmbH (VHH).
Elektrisch unterwegs in Blankenese
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz war dabei, als der erste rein akkuelektrisch angetriebene VHH-Bus im November 2014 den offiziellen Betrieb aufnahm. Das Fahrzeug hatte sich im Alltag in Blankenese schnell bewährt und der E-Antrieb kann seine Stärken auf der anspruchsvollen Strecke voll ausspielen. Geht es bergab, kann der Elektrobus sogar Bremsenergie zurückgewinnen. 2016 folgte ein zweites elektrisches VHH-Fahrzeug. Wenn die Busse die 5,9 Kilometer lange Strecke fahren, überwinden sie rund 70 Meter Höhenunterschied.
Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2018 und der Neukonzeption des SchnellBus-Systems in Hamburg werden aus den Linien 48 und 49 nun StadtBus-Linien. Der Zuschlag für den Fahrschein entfällt hier – es gilt dann der einfach HVV-Tarif in Blankenese. Was bleibt, sind die Fahrzeuge, die auf den Linien weiterhin unterwegs sein werden, und die bekannten Busfahrerinnen und Busfahrer, die seit Jahren „ihre“ Blankeneser und Touristen durch den Stadtteil fahren.
Wir wünschen auch weiterhin stets gute Fahrt!
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